Ling Long 1934  © Columbia Univesity Libraries
Ling Long 1934 © Columbia Univesity Libraries

Das Jahr 1933 ist durchaus erinnerungswürdig und das Jahr, in dem der Film eine Richtung bekam.

Früher folgte der chinesische Film dem Hollywood-Modell und produzierte Wohlfühlfilme, vor allem Romanzen, dekadenten Herz-Schmerz und Filme, die den einsamen Helden feierten. Ihre technischen Standards reichten an Hollywood nicht heran, und inhaltlich ich übertreibe vielleicht etwas waren das Betäubungsmittel, Schmonzetten, die mit den Träumen des wirklichen Lebens nichts gemeinsam haben.

Aber mittlerweile kann ein nacktes Bein die Leute kaum noch ablenken und die Martial Arts-Filme führen höchstens zu ungleichmäßigem Atmen. Zurück bleibt wie immer die Bitterkeit. Das ist weder für den Film noch für eine niedergeschlagene junge Generation eine Perspektive.

Die Ereignisse des 18. September und 28. Januar haben überall in der Geschichte ihre Blutspur hinterlassen und das gilt auch für die Filmgeschichte.

Am Vorabend einer großen Zeitenwende muss sich auch der Film verändern. Zunehmend entfernt er sich von der amerikanischen Traumfabrik, das heißt nicht, dass er nun dem Sowjetfilm folgt, sondern er schlägt einen anderen Weg ein.

Es ist ein neuer Weg, der Licht ins Dunkel bringt und den wir alle gemeinsam entdecken. Obwohl unsere Drehbücher sich teilweise noch immer unrealistischen Illusionen widmen, darf man nicht gleich den ganzen Film verdammen. Nehmen wir Seidenraupen im Frühling (春蚕), der eigentlich ein Aufklärungsfilm über die Seidenproduktion ist und das Leben der Bauern sehr realistisch beschreibt. Auch Morgens in der Großstadt (都会的早晨)Wilder Strom (狂流) oder Mutterliebe (母性之光) besitzen solche Kraft und Wahrhaftigkeit, aber an einigen Stellen kommt das noch nicht so heraus. Dennoch müssen wir anerkennen, dass diese Filme wichtig sind.

Und das ist positiv, denn in vielen Bereichen der Kultur hinken wir im Vergleich zu Amerika, Europa oder Japan den anderen hinterher. Nicht so im Film, da sind wir fortschrittlicher als die anderen.

Der neue Weg folgt weder Amerika und Europa, noch kopiert er die Sowjetunion. Ich denke, es ist der beste im halbkolonialisierten China. Dieser Weg beginnt erst und es ist schwer vorauszusagen, welche Entwicklung er nimmt, aber ausgehend von den Anstrengungen derjenigen, die ihn beschreiten, bin ich überzeugt, dass der chinesische Film in nicht allzu ferner Zukunft eine wertvolle Ernte einfahren wird.

(1. Januar 1934 Sonderausgabe Film der Shanghai Daily)

Ai Xia: Gedanken zum neuen Jahr – Wohin entwickelt sich der chinesische Film?
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