Unser Kampfplatz – die Drehorte lassen sich in Innen und Außen unterteilen. Außen: ein leerer Ort, wo unter freiem Himmel die Kulissen aufgebaut werden. Will man „unter freiem Himmel speisen“, darf man sich über Wind, Wetter und Dunkelheit nicht beklagen. Andernfalls braucht man ein Glasstudio, also ein Studio mit gläserner Decke. Eine gute Idee, denn man hat das ersehnte Tageslicht im Studio. Sobald man das Glas jedoch berührt, schwinden seine Vorzüge. Ich rede gar nicht von den wunderbaren Szenen, wenn die Sonne einmal Urlaub macht. Dann kann man aufhören zu arbeiten. In diesem Fall schafft Kunstlicht Abhilfe, das man nach Belieben ein-und ausschalten kann. Damit übertrifft das von Menschen Geschaffene die Natur. Das natürliche Sonnenlicht stört die Harmonie des Kunstlichts. Das heißt, es schadet mehr als es nutzt. Ergebnis ist, dass wir das Studio brauchen und es muss aus Glas sein. Das heißt aber, dass im Sommer die Leute von der Sonne gebraten werden, im Studio herrscht alsbald eine drückende Schwüle, wie in einem Badehaus. Im Winter hingegen dringen Wind, Regen und Schnee durch alle Ritzen, so dass die Leute frieren und weder ruhig sitzen noch stehen können. In beiden Fällen wird die Arbeit beeinträchtigt.

Das Studio ist unsere Welt, unsere Fabrik, unser Kampfplatz. In unseren Reihen sind Arbeiter (in den Werkstätten), Beleuchter, Verwaltungsangestellte, Bühnenarbeiter, Dekorateure, Kameraleute, Schauspieler, Regisseure. Und ihre Arbeit gleicht einem Kampf. Jeder gibt seine ganze Kraft, sein Wissen, seine Energie, die dann gebündelt werden. Mit dem Kameraauge eingefangen wird das Ganze auf dem Negativ festgehalten und von dort umkopiert. Auf die Kinoleinwände projeziert, ist der Film dann für jeden Zuschauer zu sehen. Das filmische Ereignis, die Kraft, die wir hineingesteckt haben, ist manchmal betäubend; so dass die Kräfte des Publikums schwinden; mal moralisch verwerflich, so dass die Zuschauer opponieren; mal aufklärend, so dass der Zuschauer etwas lernen kann. Aber immer ist eine vom Film angestoßene Kraft da, die neue Kräfte entfesseln kann, den Weg auf Menschen zu, den Weg unserer Zeit zu gehen, den Weg der erleuchteten Massen.

Wir geben alles, um einen Film zu vollenden und das braucht viel Kraft. Wenn wir die einsetzen, gelingt auch der Film. Das Resultat aber ist nicht immer gleich. Letztendlich will ich über das Drehbuch sprechen. Es ist entscheidend für das Ergebnis. Wir hoffen alle, dass das, wofür wir gearbeitet haben, es auch wert ist und den Zuschauer interessiert, ihn weiterbringt. Deshalb kämpfen wir Tag für Tag an unserem Platz, und treffen Entscheidungen. Unsere Zeit verlangt nach Drehbüchern mit einer klaren Einstellung, furchtlose Angriffe. Provokation ist gut, direkter Kampf auch. Es gilt die Linien des Feindes zu durchbrechen und uns eine neue Welt zu erschaffen.

25. März 1933

(In: Li Yizhong (Hg.): Yinhai shibei/Muschelsammeln im Silbermeer, Beijing 2006, S. 30.)

Cheng Bugao: Unser Kampfplatz (1933)
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