Yalda – A Night of Forgiveness

Wir leben in einer Zeit ständig neuer Reality-Shows im Fernsehen und permanenter Selbstdarstellung auf Instagram, TikTok und Co. – was bedeuten da noch Anschuldigungen, Entschuldigungen oder Versöhnung in diesen Medien? Die Zuschauenden als Konsumierende kommentieren das Geschehen auf dem Bildschirm, doch: Vertreten sie dabei eine moralische Instanz oder machen sie sich mit schuldig?

Maryam hat ihren wesentlich älteren Ehemann getötet und ist zum Tode verurteilt. Einzig die Vergebung von Mona, seiner Tochter aus erster Ehe, im Rahmen einer Reality-Show kann sie retten. Der Film mischt Realität und imaginäre Welt miteinander und zeigt am Beispiel Irans, wie sich Frauen gegenseitig das Leben schwer machen. Auf dem Sundance-Festival bekam er dafür gerade den Großen Preis der Jury.

Woher kam die Idee für diesen Film?

Zunächst hatte ich einige Dokumentarfilme über verurteilte Frauen gesehen. Diese realen Fälle mündeten dann in ein recht konventionelles Drehbuch. Eine Reality-Show im Fernsehen schließlich brachte mich darauf, so etwas als Rahmen für die Geschichte zu nehmen.

Der filmische Raum ist beengt und hat etwas Gefängnismäßiges …

Ja, die Enge drückt zum einen das Innere der Hauptfigur aus, sie basiert aber auch auf anderen künstlerischen Erwägungen, denn als Setting brauchten wir einen gefängnisähnlichen Raum für die Gäste dieser Reality-Show. Die Figur der Mona auf der anderen Seite glaubt, am Ende heil davonzukommen, aber sie ist so in ihrer Habgier und Arroganz gefangen, dass auch ihre Freiheit eher fragwürdig ist.

Egal, welcher sozialen Schicht die Figuren angehören, Geld spielt bei ihren Entscheidungen immer die größte Rolle …

Wir leben nun mal in einer materialistischen Welt. Von Südamerika bis China – die neoliberalistische Ökonomie herrscht überall. Und überall auf der Welt gibt es Menschen die unter Unfairness leiden. Wir leben in einer reichen Gegenwart, dennoch macht unser Verhalten sie ärmer. Für die beiden Frauen im Film bedeutet das, dass es keine Vergebung gibt, weil sie alle beide, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise den Verlockungen des Geldes erliegen. Keiner ist hier ein Engel, egal ob arm oder reich.

Ist das Zusammenspiel von Dokumentar- und Spielfilm ausschlaggebend für Ihre stilistische Breite?

Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Dokumentar- und Spielfilm. Film ist in erster Linie ein künstlerisches Medium, mit dem man sich ausdrückt und die Wirklichkeit dokumentiert. Ich mache Spielfilme mit Mitteln des Dokumentarfilms, es gibt beim Drehen keinen Unterschied für mich, in beiden geht es darum, die Realität zu erkunden.

Wie gehen Sie mit Zensur um, um zu zeigen, was Sie zeigen wollen?

Das Problem besteht ja überall, ist nur unterschiedlich ausgeprägt. Am gefährlichsten ist die Selbstzensur. Ich denke aber, wenn man diese Schere im Kopf hat, wird man kreativ und findet immer einen Weg, seine Geschichten zu erzählen.


Gibt es wirkliche Vergebung in der fiktiven Welt der Medien?