Die 1955 in Beijing geborene Komponistin, Sängerin und Schriftstellerin Liu Sola begann im Alter von fünf Jahren das Klavierspiel zu erlernen. 1977 wurde sie zum Studium am Beijinger Zentralkonservatorium zugelassen, das kurz nach der Kulturrevolution wieder eröffnete. Dort studierte sie Komposition und Klavier. Nach ihrem Abschluss im Jahr 1981 lebte sie zunächst als freie Schriftstellerin und Musikerin in Beijing. 1988 ging sie nach London und später nach New York, wo sie ihre „schwarzen Wurzeln“ entdeckte. In New York arbeitete sie mit Blues-, Jazz-, Rap-, Reggae- und klassischen Musikern zusammen. Sie veröffentlichte zahlreiche Alben, gründete ihre Jazzband „Liu Sola and Friends“ und widmete sich dem Schreiben. Seit den 90er Jahren rückte die Musik zunehmend in den Vordergrund ihres Schaffens. Gegenwärtig lebt sie in Beijing und New York.

Liu Sola wurde 1955 in eine Familie geboren, die innerhalb der Kommunistischen Partei sehr einflussreich war, während der Kulturrevolution jedoch in Ungnade fiel. In der Folge waren ihre Eltern acht Jahre als politische Gefangene im Gefängnis. Während ihrer Teenagerzeit wuchs sie bei ihrem Kindermädchen in Beijing auf.

Auf die Frage nach ihren Teenagerjahren während der Kulturrevolution leuchten dennoch ihre Augen: „Es war eine sehr romantische Zeit. Wir wollten anfangs natürlich wie viele andere zu den Roten Garden gehören, aber die wollten uns nicht, wir waren noch zu klein. Anfang der 70er Jahre gelangten die Informationen über die Hippiebewegung im Westen auch nach China. Wir hingen herum, hörten Beat-Musik, trugen Schlaghosen und spielten Gitarre. Wir waren die ersten Hippies in China.“

1977 gehörte Liu Sola zum ersten Studentenjahrgang des wieder eröffneten Beijinger Konservatoriums, wo sie Komposition und Klavier studierte. Nach ihrem Abschluss im Jahr 1981 lebte sie zunächst als freie Schriftstellerin und Musikerin.

1984 vollendete sie ihre preisgekrönte Erzählung „Ni bie wu xuanze“ („You Have No Choice“), die von den Erfahrungen der Musikstudenten am Beijinger Konservatorium und deren Suche nach einer neuen chinesischen post-revolutionären Musiksprache erzählt. 1988 folgte ihre Rockoper „Blue Sky, Green Sea“ nach der von ihr verfassten gleichnamigen Erzählung.

Zwischen 1988 und 2002 lebte Liu Sola in London und New York, wo sie ihre „schwarzen Wurzeln“ entdeckte. In dieser Zeit arbeitete sie sowohl mit Blues- und Jazz-, Rap- und Reggaemusikern wie auch mit klassischen Musikern zusammen und veröffentlichte zahlreiche Alben, u.a. „Blues in the East“ (1994), „Haunts“ (1998) und „China Collage“ (1999). Mit ihrer Jazzband „Liu Sola and Friends“ feierte sie 1999 beim Beijing Jazz Festival bedeutende Erfolge.

Ihre chinesischen Wurzeln sind ihr wichtig: „Ich habe mich in meinen Arbeiten immer mit China befasst. Der in London entstandene Roman „Chaos and All That“ (1989) ist ein Rückblick auf die Kulturrevolution. Sieben Jahre lang habe ich in Amerika an dem Roman „Da Ji jia de xiao gushi“ („Small Tales of the Great Ji Family“, 2000) geschrieben. Der Roman behandelt die letzten hundert Jahre chinesischer Geschichte. Ich habe eine sehr enge Beziehung zur Geschichte meines Landes, besonders zur jüngeren Geschichte. Ich kann ihr nicht entkommen.“

2006 stellte sie im Rahmen des Programms „China zwischen Vergangenheit und Zukunft“ die Kammeroper „Fantasy of the Red Queen“ vor. Die Oper handelt von der Macht der Illusion und der Illusion der Macht: Eine alte Frau glaubt, sie sei Jiang Qing, die letzte Frau Maos und Anführerin der Viererbande. Durch diese Geschichte erinnert die Komponistin an die Klänge anderer Zeiten: „Die verwendeten Klang-Materialien sind symbolische Verweise auf die chinesische Musikgeschichte. Das Stück ist eine musikalische Retrospektive aus einem bestimmten Blickwinkel, eine Retrospektive, die keine Objektivität beansprucht und keine politische Kritik sein will. Es ist keine politische Rückschau, sondern der Rückblick auf die Töne bestimmter Epochen.“ Die Oper erzählt die Musikgeschichte Chinas im 20. Jahrhundert. Es tauchen Motive von Revolutionsliedern, des Shanghai-Pop, der traditionellen Oper bis hin zu Hip-Hop und zeitgenössischer Musik auf. „Fantasy of the Red Queen“ war, so Liu Sola, eine ideale Arbeit, bei der sie Schreiben und Komponieren verbinden konnte.

Neben ihren sonstigen künstlerischen Projekten arbeitete Liu auch für den Film. So schrieb sie die Musik für den jüngsten Film Ning Yings „Wu qiongdong“ („Perpetual Motion“, 2005) und war außerdem Co-Szenaristin und Darstellerin. Auch für die Filme „Qingchunji“ („Geopferte Jugend“, 1984, Regie: Zhang Nuanxin) und „Moving the Mountain“ (1999, Regie: Michael Apted) komponierte Liu Sola die Musik.

Liu Sola ist Kuratoriumsmitglied des Hauses der Kulturen der Welt, wo sie u.a. das Musikprogramm für IN TRANSIT 2004 und 2005 kuratierte sowie die Musikprogramme der Projekte „Über Schönheit“ (2005) und „China zwischen Vergangenheit und Zukunft“ (2006). Sie lebt gegenwärtig in Beijing und New York.

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Liu Sola – Klang der „verlorenen Generation“