von Chen Yun-hua

Eine Besonderheit der chinesischen Filmgeschichte ist ihre Zählung in Generationen. Von den Filmanfängen in China bis zur 6. Generation konnte man die noch relativ gut nachvollziehen.

Zur 1. Generation der 1910er und 20er Jahre gehören die chinesischen Filmpioniere wie Zheng Zhengqiu oder Zhang Shichuan. Die 2. Generation sind die dem sozialen Realismus verpflichteten Regisseure der 1930er und 40er Jahre: Cai Chusheng oder Sun Yu beispielsweise. Xie Jin, Cui Wei u.a. gehören zur 3. Generation der Filmemacher, die in den 1950er und 60er Jahren dem Realismus verpflichtet waren und lokale Geschichten erzählten. Die 4. Generation in den 1970er und 80er Jahren um Zhang Nuanxin und Xie Fei versuchte die Filmsprache zu revolutionieren. Zur bekannten 5. Generation zählen die Absolventen der Filmaklademie Beijing der frühen 1980er Jahre. Zhang Yimou, Chen Kaige oder Tian Zhuangzhuang verarbeiteten in ihren Filmen die eigenen leidvollen Erfahrungen mit der chinesischen Geschichte. Zur 6. Generation schließlich zählen Zhang Yuan, Jia Zhangke oder Wang Xiaoshuai. Sie begannen in den späten 1980er Jahren ihr Studium an der Filmakademie und drehten in den 1990er Jahren dann ihre ersten Filme drehten. Auf Grundlage ihrer Erfahrungen in der Zeit der Reform und Öffnung geht es in ihnen häufig um den Konflikt von alter und neuer Zeit.

Diese Einteilung in Generationen zeigt die Veränderungen, wie in China Filme gemacht wurden. Seit der 3. Generation stand dabei die Filmakademie Beijing im Zentrum. Ihre Absolventen waren für die Arbeit in den staatlichen Filmstudios vorgesehen. Aber mit der marktwirtschaftlichen Öffnung in den 1990er Jahren gerieten diese mit ihrem starren System in Schwierigkeiten. Plötzlich sollten sie eigenverantwortlich wirtschaften, dabei verstanden sie nichts von Marketing oder Verleih und verloren allmählich ihre führende Rolle auf dem Filmmarkt. Daneben hatte die Einführung einer jährlichen Quote für amerikanische Blockbuster nach Chinas WHO-Beitritt großen Einfluss auf den chinesischen Markt. Die Filmemacher der 6. Generation hatten kaum Gelegenheit innerhalb dieses Systems zu arbeiten. Mit ihren außerhalb des Systems gedrehten Filmen gewannen sie Anerkennung bei internationalen Festivals und bekamen folgerichtig auch ausländische Gelder. Wegen dieser Rebellion gegen das System wurde vielen Filmen die Möglichkeit entzogen, offiziell in China gezeigt zu werden.

Dann drängten immer mehr private Geldgeber ins Geschäft, Filmproduktionen hatten sich nach Erfordernissen des Marktes zu richten, filmische Formen und Inhalte wurden immer vielfältiger, was es schwerer machte, eine neue Regiegeneration auszumachen. Die Frage, ob es denn eine 7. Generation gebe, verneinte Wang Xiaoshuai in Cannes 2010 ganz klar. Worauf Lu Chuan prompt konterte, er gehöre schließlich zu dieser 7. Generation. Und zehn Jahre später, auf der Berlinale 2020, sagte Jia Zhangke, er hoffe nicht, dass es eine 7. Generation geben wird.

Woher kommen diese unterschiedlichen Ansichten, wenn es um die Frage nach einer neuen Regiegeneration geht? Können nicht mal die chinesischen Filmemacher selbst diese 7. Generation klar definieren? Und was bedeutet ihre Existenz für die Filmbranche?

goetheinstitut/yi magazin

Gibt es eine 7. Generation chinesischer Filmemacher*innen?